Donnerstag, 5. Juni 2008

Aus der Erinnerung 7 Monate später:

Ich erinner mich noch an einen Ort mit Flußquerung in dem ich zu Mittag aß und versuchte einen Brief auf der Post aufzugeben. Das gelang nicht, da keine internationalen Sendungen angenommen werden. Das zu begreifen ist ohne Sprachkentnisse genauso schwierig wie eine mir unbekannte Anzeigetafel zu interpretieren obgleich sie nach Erklärung eines Übersetzers lediglich Zeit, Datum und so anzeigt...

In diesem Ort begegnete mir auch einer der tollen chinesichen SCHLAFBUSSE in denen 3 Reihen mit Betten (auf 2 Ebenen) stehen und der einmal in der Woche bis Osh fährt! Die Füße liegen unter dem Kopfteil der Vorderliege. Wiso gibt es solche angenehmen Busse nicht bei uns??

Und so stehts im nun wieder gefundenen Tagebuchteil:

Donnerstag 5.6.08 / 106. Tag von 215 / 4. Tag in China

4 Uhr - 4 Grad schlag ich meine Äuglein auf und das Silhuettenschauspiel wiederholt sich kurz mit der Farbe Gelb im Osten. 5 Uhr 11 ist die Sonne voll da. Das riesige Fingerkuppenproblem lässt kurzfristig über Reiseabbruch aus technischem Grund nachdenken. Es ist nicht mehr möglich, Sachen wasserdicht zu verpacken, da die Hände nicht richtig zugreifen können!

5 Uhr 34 ist die wichtige 10 Grad Grenze überschritten. 5 Uhr 49 sind schon 12 Grad. 6 Uhr 10 = 22 Grad. Zum Frühstück gibt´s sinniger Weise am Abend bereits in Scheiben geschnittene Bagelscheiben. Sie waren da bereits gut getrocknet - am Morgen wären Sie bereits zu hart gewesen zum schneiden. Zusammen mit Honig und leicht gesalzenen Erdnüssen in der Schale ein vollwertiges Mahl.

Ich stelle fest, das der vor 1.560 km montierte vordere Blechharken der linken Tasche (hinten) nun durch das Höckern bei jeder Radumdrehung durchgebrochen ist. Die einfachere Drahthalterung rechts ist hingegen noch intakt. Auch links ist der hintere Harken noch intakt, da von mir vor ca 580 km mit Drath gesichert. Gestern hatte ich gerade ein Stück passenden stabilen Drath gefunden und eigentlich für den nächsten Zeltstangenbruch mitgenommen (der dann glaub ich auch nicht mehr erfolgte..) Mit diesem und der ebenso vor ca 580 km in der kirgisisch/usbekischen Grenzregion geschenkt bekommenen Zange (der Schenker hatte 2..) kann ich den Schaden schnell selber beheben. Bis Peking sollte es halten!

Vorläufiger Tiefpunkt ist nun nach 4,87 km Fahrt auf 2.440 m bei einer gelb geländerten Brücke.

Es geht hoch auf 2.505 m. Die Landschaft ist hier nun teilweise mit der bei MOAB (Utah/USA) vergleichbar. Slickrocks.Kein Wunder bei gleichen geologischen ud klimatischen Verhältnissen. 8 km weiter ist auf 2.329 m KANGSU erreicht. Erste Einkaufsmöglichkeit seit 70 km. Links neben der Bank im Restaurant lass ich mir für 30 cent ein Gericht mit Reis machen. Da es höllich scharf ist möchte ich für 10 cent noch mehr Reis dazu. Doch der ist schon alle um kurz vor 11! Dann eben Glasnudeln. Ich krieg ein ganzes neues Gericht. Daher komme ich auf die Idee später für 5 cent NUR normale Nudeln noch nach haben zu können, denn es ist immer noch zu scharf. Doch der Koch winkt ab. Kein Wunder, denn der normale Preis ist 20 cent, wie ich von einem Polizisten, der mit 3 seiner Kollegen mit mir ißt, erfahre. Dann zahle ich natürlich mehr! Nun stimmt die Mischung. Da ich auch noch die Reste der beiden mir am nächsten sitzenden Polizisten verspeise, bin ich nun pappsatt. Neben der Küche kann Mensch zu sehen, wie die Nudeln hergestellt werden. Wie von Zauberhand werden es immer mehr!

VOA discutiert die E-Mail und Telefonüberwachung in Deutschland, die anscheinend skandalös umfangreicher ist als anderswo.

Radio China International sendet sogar von 10 - 12 in Deutsch. Doch leider bricht der Empfang heute in der 2. Nachricht durch Störgeräusche ganz ab.

1 x die Woche fährt einer der comfortablen Sleeperbusse von Kashgar nach Osh. Auf 2 Etagen sind die Betten entlang der Fenster und an den beiden Gängen angebracht. 40 DM kostet die 2-Tage-Reise.

Beim Einkauf muß Mensch gehörig aufpassen bei verpackter Ware, das im Karton auch drin ist, was drauf abgebildet ist! Bei 2 Packungen, die ich kaufe ist in BEIDEN ein anderer Inhalt, wie auf der Abbildung zu sehen. Beide Verpackungen sind zudem verschieden und trotzdem ist in beiden die gleiche Betrugsware. Einfache Kekse statt abgebildete Leckerei. Es langt und ich tausche wenigestens eine der beiden Packungen in ein Produkt, das ich kenne. Natürlich gegen den Protest der geschickten Verkäuferin! Ich laß mich aber nicht betrügen! Zu oft vorher passiert - sogar mit GERICHTSZUSTIMMUNG (ein Händler verkaufte mir in Deutschland Sachen unter dem Vorbehalt, das ich diese zurückgeben könne, wenn er den Laden anmieten könne, den ich ihm weggeschnappt hatte - als er das dann konnte behauptete er das die Sachen nicht von ihm seien und das Gericht gab IHM auch noch recht obwohl ER die zu allgemeine Auflistung zu Verantworten hatte. Eine Lehre für´s Leben. Verträge sind nicht das Papier wert, auf dem diese geschrieben sind!)

Minniwürste kosten 0,5 Quai (35 g) 70 g = 1,5 Quai...
Eis kostet 0,5 Quai und nicht 5 Quai, wie Mensch bei zeigen einer "5" denken könnte.
Leere Batterien landen hier einfach im Müll.

Auf dem Postamt ist es VÖLLIG UNMÖGLICH herauszubekommen, wie hoch das Porto für welche g ist. Nur das ein Umschlag 0,4 Quai kostet kann die hübsche aber strohdumme Dame auf ein Papier schreiben, auf das ich bereits eine Beispieltabelle geschrieben habe. Alles mögliche will ein angeblich english sprechender von mir Wissen, aber mir gelingt es nicht auch nur EINE Information herauszukriegen aus ihm, außer das auf einer elektronischen Anzeigetafel Datum, Uhrzeit und die Telefonnummer der Post steht! Dann muß er zur Arbeit.
Was irgendwelche Prozentzahlen bedeuten, kann nur vermutet werden. Ich vermute Zinssätze.

Im Ort finde ich jemanden, der mein Röhrchen für die Zeltstangen aufbohrt. Von einem Stück Altmetall sägt er ein 2. Röhrchen. Nun kann ich die Zeltstangen wieder ohne Nägel und Klebeband benutzen! TOLL!

Nun findet sich jemand am Telefon, der English spricht. Das hier keine internationalen Briefe versand werden können ist nun klar. Nur in Großstädten - aber Geldwechseln soll gehen.
Mal sehen... Nee - natürlich auch nicht!

Im Laden rechts der Post versuche ich erfolglos dann auch noch Geld zu wechseln, denn 6,70 € braucht Mensch hier schon am Tag. Wer im Hotel schläft im zweifelhaften Bett 1 € mehr - so das Hotel einen aufnimmt als Ausländer - aber davon gibts später noch zu lesen...

Links der Post noch ein Laden. Hier wird seit einem Jahr verfallene Wurst verkauft! Die die sie mir dann im Tausch geben möchte als ich das Datum entdecke ist auch schon seit 2 Monaten abgelaufen... Dazu noch alles natürlich ungekühlt, wie auf dem Land noch oft üblich.

Dann erscheint eine adrette Dame in Begleitung eines Polizisten. Paßkontrolle. Sie schreibt alle Daten der Tourbeschreibung ab - auch die vergangenen + die Visadaten. Als der Polizist den Paß mit "Welcome to China" zurückgibt kann ich gehen. Gestern sollen auch 10 Radler durchgekommen sein... (Thomas Truppe wohl)

Richtung WUGIA wird die Landschaft langsam langweiliger und ich vermisse meinen I-Pod. 4 km vor dem Ort sieht Mensch einen der Gründe dafür, wiso die Luft seit dem Morgen diesig ist: Ein Kohlekraftwerk. Dazu kommt die von Kashgar bis hier hin vordringende Luftverschmutzung. HEIZIWEI ist ein sehr passender Name für den kleinen Ort wegen des Heizkraftwerks am Ende der Straße. Sicherlich existiert der Ort NUR wegen dieses Kraftwerks.
Das Ortsschild steht übrigens erst weit nach dem Ort an der Hauptstraße. Es war für das Schilderteam einfach praktischer gleich 2 Schilder auf einmal aufstellen zu können..

Ich habe zwar nur noch Geld für ein Schokoeis, aber ein Kraftfahrer läd mich zur Nudelsuppe ein.

Im Fernsehen sehe ich zum ersten mal Bilder des verherendsten Erdbebens, das die Volksrepublik je erlebt hat.

1,5 km nach dem Ortsschild von HEIZIWEI baue ich mein Zelt in einer praktischen Kuhle auf und setze gleich 5 Häufchen in Reihe...

Es waren heute 31 km in 2´23´27 / Durchschnitt 12,9 / Maximal 45,5
156 Höhenmeter, 2 % Durchschnittssteigung, Maximal 11 %

3.169 km seit Tiflis mit 22.058 Höhenmeter. Insgesamt ca 5844 km mit ca 45.861 Höhenmeter + ca. 536 km per Truck + ca 180 per MFG