Montag, 13. November 2000

13.11.

Um 6:50 geht es mit dem aller ersten Licht, das auf der Straße erkennbar ist, los. Um 6:53 allerdings bereits der erste ausgedehnte Stop, da rechts des Weges gefüllte Obstkisten meine Neugier herausfordern. Da die Mauer leicht zu übersteigen ist und es noch menschenleer ist, erkunde ich den Inhalt. Sie waren mit Tomaten gefüllt. Da dann auf dem Boden eine Kiste steht, in der schon 2-3 fehlen, nehme ich mir auch eine Tomate mit. Hierzu ein grundsätzlicher Vergleich: Wenn vom Strand ein paar Leute, und mehr werden es nie sein, ein paar Handvoll Sand mitnehmen, so ist es nicht weiter schlimm. Wenn aber ein ganzer LKW voll mitgenommen wird, fällt es schon auf. Genauso ist dies mit den Tomaten, bei der Menge kann ich Diebstahl erst bei einer Kiste oder mehr erkennen. Und ein Unterschied ist es für mich auch, ob ich so ergattertes gleich selber esse, oder horte und gar weiter verkaufe...

Sonntag, 12. November 2000

Als nächstes passiert etwas, wo sich ein Puzzelteil mit dem nächsten zusammenfügt. Ein Ereignis weswegen ich glaube, das unser Leben vorbestimmt ist, da es soviele Zufälle garnicht geben kann.

Der Reihe nach: Ich sitze auf einer wie zum Frühstück geschaffenen Steinbank, als ein Auto etwas tiefer eine Frau mit Hund entlässt. Da ich mal wieder wegen der Benutzung kleiner Straßen nicht genau weis, ob ich da bin, wo ich gluabe zu sein, frage ich das übliche "Englisch, Deutsch" . Da sie letzteres spricht, kommen wir ins Gespräch. Dabei stellt sich heraus, das ich da bin, wo ich auch vermutet habe; das sie aus Deutschland ausgewandert ist und in einer einfachen Hütte ohne Strom und Wasser lebt.

Es ergibt sich, das Sie kurz meinen Spendenaufruf anschaut und sie sagt, daß sie etwas geben würde, wenn sie etwas dabei hätte. Sie geht ihres Weges. Ich frühstücke und vergeß mittlerweile, das sie per Auto da ist und pack sie in die Schublade "Gute Ausrede oder ?".

Da sie zurückkommt während ich noch da bin, kann ich das "oder ?" klären: Ich frage wie weit ihre Hütte denn weg wäre, da - wenn dies maximal 5-10 Minuten sind, könnt ich ja mitgehen um die 50 oder 100 Pesetas entgegenzunehmen, die sie gegeben hätte, wie sie zuvor gesagt hatte. Die Entfernung kriege ich irgendwie nicht ganz raus, bekomme aber wohl mit, daß meine Schublade richtig war. Ganz zum Schluß sagt sie dann im gehen, daß ich doch arbeiten solle, was sie entgültig entlarvt.

So enden einige Gespräche, denn manch einer sagt unherausgefordert nicht das, was er tatsächlich denkt und wenn ich das so empfinde frage ich penetrant nach, damit mein Gegenüber sein wahres Gesicht zeigt, was mir hier auch gelang- dachte ich... Die Sache ist für mich abgeschlossen und ich denke noch, daß der wahre Grund ist, daß sie gar nicht so nahe wohnt. Als ich noch mit meinen Pins beschäftigt bin denke ich bei jeder Karre: Toll, wenn sie es wäre, denn ich hätte ihr noch gerne mitgeteilt, daß das auch Arbeit ist, was ich mache. Nur das ich als Arbeitgeber die Menschheit habe; ich also diese dann auch für meinen Lohn fragen muß (in der ersten Welt).

Das unglaubliche passiert - sie kommt tatsächlich zurück und drückt mir 1.000 Pesetas in die Hand, also 10-20 mal soviel wie sie ursprünglich angab, gegeben zu hätten, wenn sie hätte... Und so passen all 10 Puzzleteile: (Kleine Straße/ Spaziergang der Frau ohne Geld/ penetrante Nachfrage/ Auseindergehen im Streit/ Pin-Verlust/ Frühstück/ Mallorca/ EXPO/ Geburt der beteiligten Personen/ Welt) genau ineinander. Hätte nur eines gefehlt, hätte es die gleiche Situation mit den 1000 Pst nicht gegeben. Die Frau dachte, wenn der schreit, dann muß der schon einiges erlebt haben, und bevor der jetzt am heiligen Sonntag nichts zu essen hat, fahre ich zurück. Das hat sie mir so erklärt. Und genau dieses Mitleid einiger Menschen ist der Schlüssel zum Erfolg meines Projekts "Umverteilung von unten". Da die Kirche eine der reichsten Gruppierungen weltweit ist, habe ich auch keine Skrupel mir Zuwendung von ihr zu nehmen. Ein Motogrossfahrer springt noch über eine Mauer, in der Kirche werden Dosen gesammelt und ich sammel mit auf meinem weiteren Spaziergang; finde dabei noch Schleckereien und heraus, das alle 5 PSTs-Stücke verschiedener Jahrgänge anders aussehen.

Das bringt mich auf die Idee in der nächsten Stunde alle Menschen, die mir als Touristen begegnen, nach einem 5 PTs-Stück zu fragen. Dies macht aus den anfänglichen 45 PSts 166 PSTs und bringt die Gewissheit auf Mallorca auch ganz ohne Geld und herkömmlicher Arbeit zu überleben. Man könnte es testweise auch mit anderen Münzen (25/100/500) probieren, wobei ich glaube mit 100 oder 500 Stücken klappt es nicht!.

Um 14:00 geht es endlich weiter! Also bei 20 - 40 Km pro Tag eine richtige Erholung / Urlaub! ( nur Mallorca, als Abstand zur EXPO).

Anmerkung 2008: Ich hatte damals vor eine Verbindung per Rad zur Expo in Aichi/Japan herzustellen.

Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, das die gestriegen "Regenwolken" keinen nenneswerten Niederschlag brachten, sondern nur zu hoher Luftfeuchtigkeit / Nebel führten. Eine Magnesium-Tablette begann sich beim Frühstück aufzulösen. In Petra ist es mir im "Jar des Padrins" einmal gelungen, ein leckeres Reststück (35%) einer Paella aus der Küche zurückzubekommen, das sonst garantiert im Müll gelandet wäre; obwohl oder gerade, weil man zuvor nicht bereit war, mir für 100 PSTs etwas warm zu machen! Es macht auch Spaß ohne Geld zu leben, kostet nur ein wenig Überwindung, aber wenn man es erst einmal geschafft hat in der angenehmen Wärme hier...

Samstag, 11. November 2000

11.11 .

An der Straße nach Sineu (Abstecher: nach Roberts rechts und
nach dem Ort noch 1 Km wieder links kommt man wieder rechts abbiegend auf die Hauptstraße nach Sineu) fand ich wieder etwas, das ich schon einmal sah (In Norwegen oder Finnland), ein mumifiziertes Tier in einem Maschendrahtzaun (damals war es ein Stacheldraht). So etwas sieht mensch zu 98% nicht, wenn er per Auto unterwegs ist - viel zu schnell um solche Details warzunehmen. (Ein Scann der Skizze wird noch
eingefügt).

Der Abend steht dann ganz in Zeichen von Krieg und Frieden;
beides in Sinea.

Erst der Frieden: Schon den ganzen Tag suche ich nach
jemanden, wo es sich gerade ergab, der Deutsch oder Englisch
versteht. In Siena gelingt dies dann und ich kann nach einer
Mikrowelle fragen, um mein Essen warm zumachen, daß ich noch dabei habe.

Hinterher der Krieg:Weil ich der Landschaft wegen nicht
weiter fahren will, nehme ich die Gelegenheit war, in einem
offenen dunklen Hinterhof mein Nachtlager aufzuschlagen". Die Rollläden sind verschlossen und es sieht nach längerer
Abwesenheit aus. Außerdem ist ein kleines Dach über mir. Kaum liege ich, tuckert ein Moped mit dem Hausbesitzer heran, der sofort tabula rasa macht. Also schlafe ich auf der Straße, wenn man hier so intolerant ist. den Besitzer habe ich dann noch so richtig glücklich gemacht, denn er holte die Polizei, da er keinen schlafenden Menschen in seiner Umgebung ertragen konnte. Autos sind eben mehr wert als Menschen, die dürfen da nähmlich schlafen (parken). Bei dem ganzen Vorgang spielt natürlich auch wieder eine rolle, daß der Mensch niemals eigenverantwortlich handeln darf. da muß immer jemand da sein, der für dich Verantwortung übernimmt. Scheiß-Menschheit! Der Mensch an sich ist das Problem !.

20:45 Noch was typisches, das die Menschen nicht auf das
naheliegendste kommen:

Ich frage nach Wasser und Seife um meine strümpfe zu waschen.

Ich werde zu einem Brunnen geschickt, obwohl gegenüber ein
Krankenhaus mit nicht nur einem WC ist, das beides gesuchte
bietet, ohne das ich danach fragen muß.Das Klo wäre auch ein
brauchbarer Schlafplatz, aber wegen Stimmen entscheide ich
mich dagegen. Was auch gut so ist, da hinter mir abgeschlossen wird; wann und ob überhaupt am Sonntag wieder geöffnet wird, kann ich niemals vorher wissen.

Der Abend endet zunächst wieder im Frieden, da mir bei einer
Diskothek eine Cola ausgegeben wird, und von Angestellten ca
5 DM gespendet wird. Als ich am Morgen allerdings eine
Einladung in den gleichen Laden wahrnehme, und mir zum Tanzen eine Flasche Wasser vom Personal gereicht wird, fliegt mir deren Inhalt wenig später entgegen, womit wir wieder beim Thema Krieg wären.

Nun zum Thema Früchte; an der Straße in das 10 Km entfernte Petra finde ich herrlich süße rote Trauben, die zum Teil schon zu Rosinen geworden sind. Dazu fällt mir ein, das es den geneigten Leser dieses Tagebuchs sicher interessieren
wird, das Erdbeeren hier das ganze Jahr geerntet werden
können. Immer sind irgendwelche reif (obwohl ich noch keine
selbst gesehen habe, was kein Wunder ist befindet sich die
Zahl der auf der Insel wachsenden Mandelbäume weit jenseits
der Millionen-Grenze. Auch in Sachen Vitaminen braucht sich
keiner gedanken zu machen, der mit offenen Augen umher
radelt, sich des Mundraubes traut und Gelegenheiten warnimmt Besitzer von Plantagen nach ein oder 2-3 Früchten zu fragen.

Jetzt fehlt auch noch der Marktkauf-Pin. (Nachtrag 2008: Ich hatte damals genau den Pulli von Disney an, den ich beim abtippen gerade trage. An ihm waren 108 Pins, die ich bei meinem 2 monatigen Aufenthalt auf der EXPO in Hannover erhalten hatte...) Aber irgendwie ist es eine offene Frage, alle Pins ab zu machen und zu bewahren oder nach und nach zu verlieren. Diese vielen Pins machen mich auch auffällig, und öffnen so Menschen für ein Gespräch (die dann vielleicht einen Pin kaufen, aber das ist egal, weil für alle zusammen gäbe es auch wieder einen dann zu findenen Sammler). So bleiben die Pins wo sie sind und wenn sie nach und nach verloren gehen, so ist das Schicksal und ein Spiel, welcher bleibt als letzter übrig?. Bislang ist allerdings wissentlich keiner der wichtigsten abhanden gekommen (ZERI & Handschellen, welcher war der fehlende vor der Aufstellung?- mit Farben von Planet M glaube ich ??)