1.5.2008 72. Tag 15. Tag in Turkmenistan
Am Morgen komme ich (deswegen) nur 3 km weit: 2 LKW kommen entgegen. Hinter mir trötet ein PKW und ein LKW folgt. Ich zeige überdeutlich: "kein Überholen in diesem Moment". Die Straße ist dazu einfach zu eng. Doch der PKW Fahrer will dies nicht akzeptieren. Er fegt mich von der Straße. Der nachfolgende LKW fährt geistesgegenwärtig in den Sand. Ich lande ebenso im Sand, stehe aber sofort wieder auf. Das wäre anders gewesen, wenn der LKW über mich gerollt wäre..
Auch die entgegen gekommenen LKW haben angehalten. Mein rechtes Knie blutet und alle 4 Halterungen der hinteren Taschen sind abgebrochen. Ich fordere Polizei und notiere alle Kennzeichen. Ein solches Rauditum akzeptiere ich nicht.
Ich rechne mit Segitas den möglichen Wiederbeschaffungswert aus, nachdem mich die Polizei zum Gruppenschlafplatz mitgenommen hat. 250 € für neue Taschen, 300 € Kurier, 50 € Schmerzensgeld und 200 € Schadenersatz für Telefon, Aufwand ect. Da die Polizei sonst dem Fahrer den Führerschein entziehen würde, willigt der schließlich - nach Diskussionsversuchen über den Preis - ein. Sigitas wollte sich schon auf 1000 USD einlassen, doch ich bleibe hart.
Ein Polizist, der extra aus TURKMENABAT - die 2. größte Stadt des Landes nach ASHGABAT - angereist ist, fährt mit uns dort hin zurück. Der Fahrer besorgt sich das Geld von seinem Brötchengeber (CHUREKGEBER..) und wir fahren wieder zurück, da Fahrer und Polizist einen Scheinvertrag fordern, das ich keine Ansprüche anmelden würde. Nur so kann ein zeitraubender Report mit nachfolgendem Gerichtsprozess verhindert werden...
Als uns das Begleitfahrzeug entgegen kommt, fahren wir wiederum diesen hinterher. Als es 23 km vor TURKMENABAT stoppt geht es zusammen wieder in die ander Richtung, denn Sigitas sitzt ja auf dem Rad und nur er wird akzeptiert als Zeuge für die Geldübergabe. Dann stoppen wir bei einem Kaffee und nun wird auch die 2. Organisatorin, die seit kurzem mit uns fährt, als Zeugin akzeptiert.
Nun geht es mit unserem Begleitfahrzeug zurück nach TURKMENABAT. Beim Bazar werde ich rausgelassen und nun organisieree ich die Taschenreperatur selber. Ich lade meine Taschen auf einen Handkarren des Bazars und 2 junge Leute begeben sich mit mir zusammen auf die Suche.
Der erste Versuch scheitert, doch dann gelangen wir zu MOSLIMOVA SHANNA, der aus starkem Blech - das wir sicherheitshalber doppelt nehmen - und starkem Drath die Halterungen erneuern kann.
Zwichendurch fahre ich zur Post um einen weiteren Brief nach Hamburg zu senden. Dank Turkmenbashi kosten alle internationalen Sendungen 3.950 Manat. Die kleinste Münze allerdings ist 500 Manat heutzutage.. Ob 20 g oder 2 Kg ist egal! (2 Kilo ist allerdings das Maximum) Auch Strom und Wasser sind kostenfrei. Vermutlich auch Gas, denn wenn eine Flamme des Gasherds, den ich in TURKMENABAT gesehen habe, ausnahmsweise nicht mehr abschaltbar ist, bleibt diese Flamme eben immer an.. Als wenn die Gasvorkommen nie enden würden.
Während meines Postbesuchs wird meine Kamera geklaut. Ich will zur Strafe schon das Tagebuch einstellen, doch als ich dann abreisefähig bin, werde ich so liebenswürdig zu Borscht, Tee, Brot, Salz und Knoblauch eingeladen, das ich dieses Vorhaben nicht in die Tat umsetze. Nur Bilder wird es nun garantiert keine mehr geben!
FAZIT DES TAGES:
Für 1200 USD habe ich meine Kamera mit sämtlichen Bildern seit SÜREME / Türkei, mein Schweißshirt und einige Anstecker verkauft. Ich nehme es als Gott gegeben an. Dies ist der Preis um tatsächlich die Grenze nach China per Rad zu übertreten.
Ein weiteres Fazit: Einige Naturisten bestehen darauf, seine eigene Scheiße zu vergraben. Das macht hier in der Wüste aber keinen Sinn, denn die Kacke stellt Lebensgrundlage für andere Lebewesen dar. Ein Beispiel: Nach einem kurzen Wüstenspaziergang gestern haben sich bereits 7 Mistkäfer an meinem Ausscheidungsfladen eingefunden und damit begonnen, kugelformend diesen abzutragen!
Nachdem ich gecheckt habe, ob ein auf dem Weg zur Post befindliches Restaurant noch offen hat (was nicht der Fall war, hier gabs Kartoffelbrei..) bzw ob es im staatlichen LEBAP-Restaurant eine Speisekarte gibt (was auch nicht der Fall war) erkunde ich den örtlichen Vergnügungspark.
Die Gruppe zelebriert "noch 99 Tage bis Beijing" und ich campiere ohne Zelt nach der Querung des von Afghanistan kommenden Flußes. Im 100 km entfernten Afghanischen Grenzgebiet hat dieses Gewässer ein exclusives Höhlensystem geformt, von dem 55 km cartografiert sind.
An meinem Schlafplatz ist eine Fixerspritze (wie nahe liegt an der Opiumstraße..), stummer Zeuge davon, das Turkmenistan eben nicht frei ist von Drogenabhängigen, wie offiziell verlautbart..
Ein Nomade kommt vorbei. Erst sind seine Berührungen schön, aber dutzende Verabschiedungsversuche nerven schon im Schlafsack liegend. Fast eingeschlafen kommt er nochmals zurück, nachdem er sich endlich von mir lösen konnte. Er hat mein Rad in der Hand - aber nicht um es zu klauen (ich habe es mitlerweile abgeschlossen), sondern um eine Kordel zu befestigen, die er zu mir führt.
Ob seiner erneuten Nähe verfrachte ich Sicherheitshalber auch meinen Geld und Technikgürtel in meinen Schlafsack.
20,88 km in 1´46´40 /11,7 Durchschnitt / Max 34,5 / 35 Höhenmeter mit 266 m maximale Höhe (= Schlafplatz) / 2 % Durchschnittstagessteigung 9 % maximale Steigung
10.380 Höhenmeter seit Tiflis auf ca 1.576 km
4333.02 km insgesamt mit 34.777 Höhenmeter + ca. 536 km per Truck + ca 100 per MFG