Choreografich brilliant und Gesangsstark präsentiert sich "Schmidt in Love" wieder ab dem 25.02. im Theater auf dem Kiez. Unser Tipp für einen Musicalabend fern ab und doch so nah zu den anderen Musicals unserer Stadt. Der Geschenktipp zu Weihnachten, denn Vorfreude ist die schönste Freude.
Auch andere Klassiker wie die Kay Ray Late Night und der "Männerabend" werden in 2010 wieder aufgenommen.
In Gedenken an Jens Peter Jacobsen dokumentiere ich folgend noch einen Artikel von Bernhard Rosenkranz:
„Die Unterdrückung der Homosexualität ist nur ein Spezialfall der allgemeinen Sexualunterdrückung.“ So lautete das Motto, unter dem vor 35 Jahren das zweite Pfingsttreffen der bundesdeutschen Schwulengruppen stand. Ausrichterin war die Homosexuelle Aktion Westberlin, kurz: HAW. Was sich dort vor den Augen der Öffentlichkeit abspielte, mündete in eine bis heute bekannte Debatte um Formen und Inhalte sexueller Emanzipationsbestrebungen. Ein Rückblick aus Hamburger Perspektive
An der Abschlußdemonstration nahmen auch Vertreter französischer und italienischer Gruppen teil. Ihr Verhalten schockierte andere Teilnehmer. Sie traten gemeinsam im Fummel auf, tanzten auf den Straßen und tuckten herum. In Boulevardzeitungen wurde die Demonstration als „Marsch der Lidschatten“ bezeichnet. Aus diesem Eklat entstand schließlich eine Strategiedebatte, der sogenannte Tuntenstreit. Die Gruppe der orthodoxen Marxisten vertrat die Ansicht, Solidarität erreiche man nicht mit Provokation. Männer in Frauenkleidern, das war für sie nicht annehmbar. In diesem Punkt waren die Politschwestern erstaunlich konservativ. Damit würde man die Arbeiterklasse eher verschrecken. Die Tunten wiederum wollten ihr effeminiertes Wesen nicht tarnen: Sie sahen sich als die eigentlichen Revolutionäre der Bewegung. Sie wollten ihre Unangepaßtheit und Andersartigkeit innerhalb der Gesellschaft ausleben und sich nicht bürgerlichen Normen und Konventionen unterwerfen.
Der Tuntenstreit tobte wie in allen Zentren der noch jungen Zweiten deutschen Schwulenbewegung auch in Hamburg. Er spaltete die Mitglieder der Homosexuellen Aktion Hamburg (HAH) in „Polit“- und „Lustfraktion“. Einer der damaligen Lust-Aktivisten, Götz Barner, im Rückblick: „Es ging pausenlos um die Diskussion, wie politisch die einzelnen Aktionen sind. Selbstverständlich war es für uns politisch, Fummel anzuziehen, auf der Bühne zu stehen und uns auszuleben.“
Indes wollten die Anhänger der HAH-Lustfraktion keineswegs Frauen imitieren. Weder rasierten sie sich ihre Bärte ab noch wurden die Augenbrauen gezupft. Im Gegenteil: Das Tragen von Frauenkleidern trotz dieser Attribute von Männlichkeit erschien als eine Möglichkeit, sich überhaupt als Schwuler öffentlich zu erkennen zu geben. Palästinensertücher und Parka wurden also gegen Kleider und Pumps getauscht. Das war ein wesentlicher Unterschied zu jenen angepaßten Homosexuellen, die nur nachts Fummel anzogen, um sich in ihre Idealfrau zu verwandeln. Harry Askitis, ein Verfechter des Fummeltragens, erinnert sich: „Mit ‘Sperrmüll-Jenny’ bin ich in Kleidern aus den zwanziger Jahren zur Uni gegangen. Anstelle einer Aktentasche hatten wir eine Handtasche. Wir wollten als Schwule identifiziert werden. Das Schlimmste wäre gewesen, wenn man uns mit einer Frau verwechselt hätte. Teilweise wurden wir von Männern auf der Straße angepöbelt. Frauen reagierten fast immer positiv. Die vielen spontanen Aktionen im Fummel haben mein Selbstbewußtsein, als Schwuler frei zu leben, enorm gestärkt.“
Zwischen Mitte und Ende der siebziger Jahre fanden in Hamburg zahlreiche Aktionen statt, zum Beispiel ein gemeinsamer Besuch der deutschen Erstaufführung des Musicals „Männer sind doch bessere Frauen“ mit Evelyn Künnecke und Peter Ahrweiler im Operettenhaus. Die Vorstellung wurde kurzerhand als Diskussionsplattform mit den Besuchern genutzt. Als der riesige Pulk von Fummeltrinen ins Theater kam, nahmen die Zuschauer an, dieser Auftritt gehöre zum Stück. Die Plätze in der ersten Reihe wurden erst eingenommen, als schon alle anderen Zuschauer saßen. Mit donnerndem Applaus wurden die Trinen begrüßt. Als der Vorhang aufging, konnte sich die Künnecke kaum halten vor Lachen über die Paradiesvögel. In der Pause wurde mit den Zuschauern über Homosexualität diskutiert.
Einer der unangepaßten Provokateure der Lustfraktion war die erwähnte „Sperrmüll-Jenny“. Den Tuntennamen hatte sich Jens-Peter Jacobsen mit der Herkunft seiner alten Wohnungseinrichtung verdient. Harry Askitis: „Jens hielt es immer für Quatsch, sich nach den Erwartungen anderer Menschen zu richten. Man sollte so sein, wie man ist und fühlt, sonst nichts. In dieser kompromißlosen Weise wollte er als Schwuler nicht angepaßt und ordentlich sein, sondern kompromißlos, schräg und nur den eigenen Bedürfnissen verpflichtet.“ Als „Grande Dame“ war er Maskottchen der „Lustfraktion“ und als Elektroniker technisches Herz der HAH- und Tuc Tuc-Veranstaltungen. Seine Flugblattgestaltungen hauchten der HAH ein Flair von Jugendstil ein. (wer eine Mail an das hamburgerinformationsradio@googlemail.com mit dem Betreff "Jens" sendet, bekommt Beispielbilder, auf denen sich etwa Jens selber gezeichnet hat)
1978 war das Jahr der Fummelfeten. Die Antirepressionsgruppe der HAH veranstaltete mehrere Feste, unter anderem im Kinderhaus Heinrichstraße, die auch von zahlreichen heterosexuellen Männern in Frauenkleidern besucht wurden. Die Programme waren ehrgeizige Mischungen aus Unterhaltung und Politik. Zu den Höhepunkten gehörten die Wahl des „Mannes mit dem schönsten Fummel“, eine Diskussion zum Thema „Schwule, Fummel, Heteros“, eine Ton-Dia-Show zur Schwulenunterdrückung sowie ein Sketch der Reihe „Papa, Charly hat gesagt“ mit schwuler Thematik. Für Live-Musik sorgten Angi Domdey, damals Sängerin und Gitarristin der Frauenband „Schneewittchen“, die „Spalding Sisters“ und Abbi Wallenstein mit Mitgliedern von „Alcatraz“. Im Gegensatz zu den eher auf allgemeine Volksbelustigung abzielenden kommerziellen Tuntenbällen im Besenbinderhof oder Curio-Haus hatten die Fummelfeten der HAH immer ein politisches Anliegen, um mit den Heteros ins Gespräch zu kommen. Die Verkleidung diente dazu, die Geschlechterrollen in Frage zu stellen und nicht dazu, aus einem Mann eine möglichst perfekte Frau zu machen. Mit dem Begriff „Trümmertuntenästhetik“ können die Kostüme auf den Fummelfeten am besten beschrieben werden: Der Fummel stammte überwiegend vom Sperrmüll oder aus Secondhand-Läden. Da wurden Füße der Größe 45 in zierliche Frauenschuhe gequetscht, Fünfmark-Perücken übergestülpt und aufsehenerregende Kreationen aus ausgedienten Röcken, Kitteln und Tüchern gezaubert. Dabei waren der Phantasie keine Grenzen gesetzt. – Und Bartträger ließen selbstverständlich diesen Teil ihrer männlichen Pracht stehen.
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